Muss die Stadt am See weitere Anlagen zurückbauen?

Fürst klagt vor Landgericht Gießen - Abgeordnete überrascht - Was wird aus Gemeingebrauch?

Die Lage am Naherholungsgebiet Gederner See spitzt sich zu. Nicht nur, dass sich die politisch Verantwortlichen weiter Gedanken über die Zukunft des Campingparks machen müssen. Auch von Seiten des See-Eigentümers, Philipp-Konstantin Fürst zu Stolberg-Wernigerode, droht der Stadt Ungemach. Seit einem knappen Jahr, seit dem Scheitern der Verkaufsverhandlungen über den Campingpark, herrscht Funkstille. Beide Seiten kommunizieren nur noch über ihre Anwälte miteinander. Vor dem Landgericht Gießen ist seit dem 29. August 2008 eine Klage des Fürsten anhängig. Das teilte der Präsident des Landgerichts, Hermann Josef Schmidt, auf Anfrage mit. Die Verhandlung ist für den 10. Juli anberaumt. Es geht um finanzielle Forderungen aus dem Pachtverhältnis. Der Fürst wollte sich gestern auf Anfrage nicht weiter zum Gederner See äußern.
Die Insel im Zufahrtsbereich des Seegeländes. Die Straße zur Kurzzeit-Camperwiese und weiteren Stellplätzen, auch zum mobilen Wohnheim, soll ebenfalls zurückgebaut werden.Die Insel im Zufahrtsbereich des Seegeländes. Die Straße zur Kurzzeit-Camperwiese und weiteren Stellplätzen, auch zum mobilen Wohnheim, soll ebenfalls zurückgebaut werden.
Jetzt flatterte der Stadt eine Klageerweiterung ins Haus, mit der sich nicht nur die Betriebskommission, sondern auch die Ausschüsse beschäftigten. Der Fürst fordert die Rückgabe der gepachteten Flächen - und zwar geräumt und frei von jeglichen durch die Stadt errichteten Anlagen und Einrichtungen. So, wie es im Pachtvertrag vereinbart worden sei. Gleiches gelte für Flächen, welche die Stadt nicht gepachtet, aber für ihre Zwecke genutzt habe.
Die Stadt wird aufgefordert, unter anderem noch den Springbrunnen am See inklusive Wasserzuleitung, die aus Holzpfosten und Querbohlen bestehenden Ufereinfassungen, das Fundament des DLRG-Gebäudes, die Wasserzuführungen und Stromleitungen zu diesem Gebäude, den Rundweg aus Kies und Schotter nebst der Ruhebänke, Asphaltflächen, die Verkehrsinsel an der Einfahrt des Seedammes samt Brunnen sowie diverse Hinweisschilder zu entfernen. 
"Die Beklagte", so heißt es in der Klageerweiterung, "hat den Rückbau allenfalls teilweise betrieben." Auch die Wasserzuleitungen im Uferbereich müssten weg. Das habe die Stadt mit dem Hinweis abgelehnt, sie beeinträchtigten den Kläger nicht. Dies sei falsch. "Baulichkeiten, auch unterirdische, [...] beeinträchtigen sehr wohl die Nutzungsmöglichkeit des Klägers für sein Grundstück, da sie im Falle einer eigenen geplanten Errichtung [...] nicht die Möglichkeit gewähren, diese [...] so zu gestalten, wie es den Vorstellungen des Klägers entspricht", heißt es dazu in dem Schreiben. Sollten Anlagen auf den Pachtflächen zurückbleiben, gehe zudem die Verkehrssicherungspflicht auf den Fürsten über. Das könne Folgen haben, wenn sich beispielsweise ein unerlaubter Badegast an einem Zuflussrohr verletze.
Überrascht von den neuen Forderungen des Fürsten zeigten sich die Mitglieder des Haupt- und Finanz- sowie des Bauausschusses während eines Ortstermins. "Damit trifft er nicht nur die Gederner Stadtverordneten. Das ist ein Affront gegen die Bevölkerung", sagte Herbert Weber (FWG). Der Streit eskaliere, obwohl das niemand wolle. 
Die Ausschussmitglieder betonten, man sei der Auffassung gewesen, mit dem Rückbau des DLRG-Gebäudes, der beiden Stege und der Fontäne - also der Anlagen, die in direkter Verbindung zum Badebetrieb am See gestanden hätten - habe die Stadt ihre Schuldigkeit getan. Ihr Tenor: Die neuen Forderungen könne man nicht hinnehmen, da müsse Widerspruch eingelegt werden. Die Abgeordneten äußerten zudem den Wunsch nach einem Mediator, am besten aus dem hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Wiesbaden, nachdem das Engagement von Landrat Joachim Arnold nicht von Erfolg gekrönt gewesen sei. Der Fall sei ja in der Landeshauptstadt bekannt, ebenso die Bedeutung des Gederner Sees für den Tourismus in der Wetterau.
Bürgermeister Stefan Betz betonte gegenüber dem Kreis-Anzeiger genau wie die Ausschussmitglieder, dass es nicht die alleinige Schuld der städtischen Gremien sei, dass es am See nicht voran gehe. Gleichzeitig beklagte er eine mangelnde Verhandlungsbereitschaft des Fürsten. Sein Fazit: "Es wird immer schwerer, am See jemals wieder einen geregelten touristischen Badebetrieb zu etablieren."
Zumal auch der Gemeingebrauch auf der Kippe steht. Sollte das Landesamt für Umwelt und Geologie in Kassel, so Betriebsleiter Günter Thösen, bei der nächsten Untersuchung des Sees zu dem Schluss kommen, dass es sich um ein stehendes Gewässer handelt, dann müsse der Gemeingebrauch doch noch behördlich festgestellt werden. Also anders als im vergangenen Jahr, als er noch ohne gesonderten Anordnung durch die Wasserbehörde festgestellt worden war. "Reinspringen für jedermann, das wird dann nicht funktionieren", betonte Thösen.