Erster Schritt für visionäres Projekt: Studie in Auftrag gegeben

Die Parlamente von Ortenberg, Gedern und Hirzenhain sprechen sich einstimmig dafür aus, eine Machbarkeitsstudie für eine interkommunale Landesgartenschau in Auftrag zu geben.
ORTENBERG/GEDERN/HIRZENHAIN - Einstimmig haben sich die Parlamente von Ortenberg, Gedern und Hirzenhain während einer gemeinsamen Sitzung am Donnerstagabend im Ortenberger Bürgerhaus dafür ausgesprochen, eine Machbarkeitsstudie für eine interkommunale Landesgartenschau in Auftrag zu geben. Damit ist der erste Schritt zur Realisierung des visionären Projekts getan. Jedoch bedeutet der Beschluss noch nicht, dass 2027 eine interkommunale Landesgartenschau in Oberhessen stattfindet.
 
"Das ist ein historischer Tag. Ich kann mich nicht erinnern, dass so viele Parlamente schon mal zusammen getagt haben", kommentierte Bernd-Uwe Domes, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Wetterau, das volle Plenum. "Wir glauben, dass die Umsetzung einer Landesgartenschau diese drei Kommunen überfordern wird", erklärte er. Deshalb begrüßte er ausdrücklich das breite Interesse der Kommunen in Oberhessen und die positive Einstellung zu einer Landesgartenschau, die unter anderem die Bürgermeister Hans-Peter Seum (Nidda) und Adolf Ludwig (Limeshain) äußerten.
 
Seum erklärte jedoch auch, dass die finanzielle Lage der Kommunen letztlich darüber entscheide, ob eine solche Schau in der Region möglich sei. Auf jeden Fall aber sei die Machbarkeitsstudie notwendig, um Fakten zu erarbeiten. In Gesprächen nach der Sitzung betonten einige Kommunalpolitiker, dass die Entscheidung für die Machbarkeitsstudie noch keine Zustimmung zu einer Landesschau sei.

Dass alle drei Kommunen sich einstimmig für die Machbarkeitsstudie aussprachen, war dennoch überraschend. "Das ist ja Wahnsinn, alle drei einstimmig", staunte Ortenbergs Stadtverordnetenvorsteherin Ute Arendt-Söhngen. Mit ihr freute sich Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring: "Dass ich das noch erleben darf." In den nächsten Wochen werden die Kommunalparlamente der Region entscheiden müssen, ob sie sich an der Initiative für eine interkommunale Landesgartenschau beteiligen.
Die Idee, Oberhessen während einer interkommunalen Landesgartenschau zu präsentieren, stößt in der Region auf ein beeindruckend großes Interesse. Während der Informationsveranstaltung zu dem Projekt waren außer den Abgeordneten der Parlamente aus Ortenberg, Gedern und Hirzenhain nämlich auch zahlreiche Repräsentanten weiterer Kommunen vertreten. "Ich habe gerade Kalte-Markt-Freitag-Flair. Es ist schön, so ein volles Bürgerhaus zu haben", bekannte Henrike Strauch, Stadtverordnete in Ortenberg und Erste Stadträtin in Büdingen, angesichts der außergewöhnlich vielen Kommunalpolitiker aus der Region. Wobei selbst bei der Eröffnung des Traditionsfestes nicht so viele Vertreter aus so vielen Städten und Gemeinden zusammenkommen. Außer Ortenberg, Gedern und Hirzenhain waren unter anderem Büdingen, Nidda, Schotten, Limeshain, Ranstadt, Glauburg und Kefenrod mit haupt- und ehrenamtlichen Mandatsträgern vertreten. "Ich glaube, das ist eine Riesenchance für unsere Region", sprach Strauch aus, weshalb viele Politiker, aber auch einige Bürger zu der Informationsveranstaltung gekommen waren.
 
Die Wirtschaftsförderung, die das Projekt unterstützt, hatte vier Referenten eingeladen. Sie beleuchteten die Chancen einer Landesgartenschau für die Region, aber auch die Risiken. Wobei die positiven Aspekte in den Vorträgen überwogen. Dabei ragte vor allem Schlussredner Thomas Vuk heraus. Der Fachbereichsleiter Kultur und Sport der Stadt Waiblingen berichtete begeisternd über die Erfahrungen und Folgen der interkommunalen Landesgartenschau im Remstal. Sowohl er als auch Wiebke Neumann von der Fördergesellschaft für Landesgartenschauen Hessen und Thüringen waren von der Landschaft und den touristischen Möglichkeiten Oberhessens so beeindruckt, dass sie versprachen, auch privat wieder zu kommen.
 
Zunächst erläuterte Domes, wie ein Konzept finanziert werden und nachhaltigen Nutzen bringen könnte. "Das hat nichts mehr mit den Landesgartenschauen zu tun, die wir aus der Vorgeschichte kennen", betonte er. Es solle keine künstliche Inszenierung für die Schau geschaffen werden, die danach zurückgebaut werde. "Wir wollen das zeigen, was wir haben." Domes erklärte, dass das nicht nur authentisch, sondern auch ressourcenschonend sei.
 
Ein wesentliches Thema könnten Täler und Wasserläufe sein. Dabei könne auch die Wasserwirtschaft dargestellt werden. "Es müssen alle Schulklassen, alle Bürger gesehen haben, wo das Wasser herkommt", stellte Domes eine solche Schau auch als lebendige Infoveranstaltung für den Ballungsraum dar. Er betonte die Chancen, die ein solches Projekt biete, um die Region nach außen zu präsentieren und aufzuwerten. So könne Mobilität ein weiteres Leitmotiv einer interkommunalen Gartenschau sein. "Es müsste auch für das Land Hessen spannend sein, zu sehen, wie neue Mobilitätskonzepte einen ländlichen Raum verändern."
Wie Domes erklärte auch Neumann, dass ein solches Projekt umfangreiche Fördermittel in die Region bringen könne. Neben den 3,5 Millionen Euro, die das Land Hessen als Investitionsförderung für die Landesgartenschau zur Verfügung stelle, sei mit 25 bis 30 Millionen aus zusätzlichen Förderprogrammen zu rechnen. Kommunen, die eine Landesgartenschau ausrichten, würden bei der Mittelvergabe bevorzugt. Das könne zu einem deutlichen Entwicklungssprung führen.
 
Dabei sei für die Kommunen ein Eigenanteil von 30 bis 40 Prozent zu leisten. Domes wies darauf hin, dass jede Kommune für sich entscheiden könne, wie stark sie sich finanziell an einer solchen interkommunalen Gartenschau beteilige. Professor Dr. Christian Diller vom Fachbereich Raumplanung an der Universität Gießen betonte unter dem Beifall des Publikums, dass es wichtig sei, die Bürger von Anfang an einzubinden. "Es gibt Beispiele von Landesgartenschauen in Deutschland, die politisch gewollt waren, die aber zurückgegeben wurden, weil man die Bürger nicht mitgenommen hat."
 
In Remstal scheint das gelungen zu sein. Vuk beschrieb, wie die Schau in den 16 Kommunen über eine maximale Entfernung von 80 Kilometern es den Bürgern und Besuchern ermöglicht habe, ihre Region neu zu erleben. Dabei sei wenig Neues geschaffen, dafür Vorhandenes neu arrangiert worden. Und: "Wir haben es zum ersten Mal geschafft, dass die Stuttgarter ins Remstal gekommen sind."
Er nannte das Beispiel zweier Wanderwege, die miteinander verbunden und als Remstalwanderweg neu ausgeschildert worden seien. Bei der Verknüpfung verschiedener Radwege zum Remstalradweg habe man Mängellisten abgearbeitet, sodass der neue Radweg vom ADFC zertifiziert worden sei. Eindringlich mahnte Vuk, die Jugend einzubinden.
Den "Kater", vor dem Diller nach so einem Mammutprojekt warnte, weil die touristischen Umsätze nach dem Boom wieder zurückgingen, konnte Vuk nicht bestätigen. "Das machet wir aber nächstes Jahr scho weiter", sei die einhellige Reaktion der Bürger auf die Veranstaltungen mit örtlichen Vereinen und Gewerbe gewesen.