„Atomenergie nicht für den Wahlkampf ausschlachten“

Umweltministerin Lucia Puttrich spricht auf Einladung des CDU-Stadtverbands in Gedern - Vorsitzender Edgar Gowin gegen Ausbluten der Region

„Das Land Hessen und die Kommunalwahl, bei der die Weichen für die regionale und kommunale Ausrichtung gestellt werden, stehen nach der Katastrophe in Japan erst an zweiter Stelle der öffentlichen Aufmerksamkeit“, meinte der Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Gedern, Edgar Gowin, „trotzdem sind sie für die Menschen hier von unmittelbarer Bedeutung.“

Als Expertin für Fragen zum Land und für die aktuellen Wendungen in der Energiepolitik hatte er die hessische Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Lucia Puttrich, in das Dorfgemeinschaftshaus Wenings gebeten.

Lucia Puttrich freut sich über die Blumen der Gederner CDU. Foto: Hartebrodt Lucia Puttrich freut sich über die Blumen der Gederner CDU. Foto: Hartebrodt

Die Themen, die die örtliche CDU sich auf die Fahne geschrieben hat, führte Edgar Gowin in seiner Ansprache selbst aus. Schwerpunkt sei die Verhinderung des Ausblutens der ländlichen Regionen. Hierbei habe der Stadtverband bereits zahlreiche Erfolge verzeichnen können.

Die städtische Verschuldung sei trotz der vielen Investitionen von 24 Millionen auf 21 Millionen Euro reduziert worden. Der Bau des Kindergartens habe dank der Initiative der CDU statt mit 2,4 Millionen mit 1,4 Millionen Euro finanziert werden können.

Für das Hallenbad waren 3,9 Millionen Euro veranschlagt, nun stünden die Gesamtkosten bei 2,8 Millionen. Sinnvoll erachte die Gederner CDU ferner die Schaffung von Baugebieten, um die Entwicklung ansässiger Handwerksbetriebe und Firmen zu ermöglichen. Vorhandene Baulücken sollen besser geschlossen werden, vorhandene Baugebiete müssen intensiver und geschickter vermarktet werden.

Die CDU war von Beginn an Befürworter eines Ärztehauses in Wenings - und daran ändere auch der vor kurzem an die Stadtverordnetenversammlung erteilte Prüfauftrag zur Kostenermittlung durch den Zuzug eines Zahnarztes nichts. Das touristische Potential der Stadt Gedern soll in Zusammenarbeit mit dem Verein Oberhessen in einem ganzheitlichen Konzept ausgenutzt werden.

Dem Schulstandort Gedern drohe aus mehreren Richtungen Gefahr, die es abzuwenden gelte. Das von Landrat Arnold entworfene Szenario, dass die Grundschule am Niedertor geschlossen werden solle, hält Gowin für Wahlkampfspektakel: „Der Erlass des hessischen Kultusministeriums, aus der Schule am Niedertor eine Verbundschule zu machen, bedeutet nicht die Aufgabe des Standortes, sondern die Zusammenlegung von Verwaltungen.

Der Kreistag mit seiner bürgerlichen Mehrheit aus CDU, FDP und FWG hat beschlossen, keine Grundschulen zu schließen. Dieser Beschluss ist nach wie vor gültig.“

Zum Thema Umwelt führte Gowin schwerpunktmäßig aus, dass Gedern dank des langjährigen Revierförsters Edwin Klapp und Ministerin Puttrich nun weit bessere Möglichkeiten habe, seine rund fünf Millionen Ökopunkte à 0,30 Eurocent zu vermarkten.

Nachdenklichkeit zeichnete die Rede von Lucia Puttrich aus. Sie hatte gerade eine vierstündige Sitzung des Umweltausschusses hinter sich. Das Atom-Moratorium der Bundesregierung und die Umsetzung in den Ländern angesichts der Katastrophe in Japan rückten auch sie als Ministerin für Energie in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.

Doch iIhrer Einschätzung nach geht Biblis A nicht mehr ans Netz.

Puttrich findet es unmoralisch, das Thema Atomenergie jetzt für den Wahlkampf auszuschlachten: „Die aktuellen Debatten richten ihren Blick stets in die Vergangenheit, suchen Verantwortliche, Schuldige. Als ob in einer rot-grünen Regierung nicht ebenfalls ein Atomkompromiss geschlossen worden sei.“

Selbstverständlich habe die CDU immer die Kernkraft befürwortet. Selbstverständlich mache die Katastrophe in Japan nachdenklich.

„Aber Gott sei Dank sind wir in der Lage, kritisch zu hinterfragen und Neubewertungen vorzunehmen“, wehrte sich Puttrich gegen Vorwürfe, die Regierungspartei reagiere inkonsequent. Biblis sei betriebssicher. Die Frage sei doch, wie hoch das so genannte „Restrisiko“ im Falle von extremen Ereignissen bliebe.

„Kernkraftpolitisch wird die Welt anders aussehen“, fuhr sie fort. Ein sofortiger Ausstieg aus der Atomenergie sei nicht möglich, denn es gäbe weder ein leistungsfähiges Netz noch Speicherkapazitäten für die Nutzung von Wind- und Solarenergie zur flächendeckenden Versorgung des Landes.

Hessen sei prädestiniert für Biomasse- und Windkraft-Anlagen. „Das findet jeder gut. Nur nicht vor der eigenen Tür“, monierte Puttrich.

„Ein gemeinsames Konzept muss her, es müssen Prioritäten gesetzt werden. Ohne sichtbare Veränderungen funktioniert eine Wende in der Energiepolitik nicht.“

Ein von Ministerpräsident Volker Bouffier initiierter „Energiegipfel“ habe das Ziel, möglichst viele Beteiligte an einen Tisch zu bringen, um Privatleuten wie der Wirtschaft neben günstigen Energiepreisen Versorgungssicherheit geben zu können.

Puttrich warb für die Aufnahme der Schuldenbremse in die hessische Verfassung: „Wir dürfen unsere Nachkommen nicht dauerhaft mit unseren Schulden belasten mehr lassen.“